Wolfgang Lorenz

60 Jahre Genealogie– Laudatio auf Prof. Dr. Wolfgang Lorenz

„Verantwortung für das Heute kann nur der übernehmen, der weiß, dass er in einer Traditionskette steht, dass er Mittler zwischen dem Gestern und dem Morgen ist…“, dies war die Devise von Wolfgang Lorenz, die er seiner Ahnenliste AL 10833 voran stellte und die ihn begleitete, als er vor 60 Jahren begann, sich höchst wissenschaftlich mit der historischen Hilfswissenschaft Genealogie zu beschäftigen. In der 1982 in der Zentralstelle für Genealogie in Leipzig eingereichten, wesentlich erweiterten zweiten Fassung seiner Ahnenliste hatte er nunmehr nicht nur die eigentlichen Kirchenbuchquellen, sondern Akten aus den Staatsarchiven Dresden und Weimar sowie dem Bergarchiv Freiberg, genealogische Nachlässe, gedruckte Quellen und Ahnenlisten anderer Forscher ausgewertet, beschrieb er Vermögensverhältnisse, Schichtenzugehörigkeiten und soziale Auf- und Abstiege. Diese Einsicht in die Komplexität genealogischen Forschens teilte er mit anderen Genealogen, die sich seit  März 1979 in der Arbeitsgemeinschaft (AG) Genealogie beim Kulturbund Leipzig zusammengeschlossen hatten. 1980 stieß Wolfgang Lorenz zu ihnen und übernahm die Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden.

Der ersten Etappe mit Arbeiten an der eigenen Familiengeschichte von 1960 folgte dann ab 1982 eine zweite Etappe mit Arbeiten an erzgebirgischen Genealogien. 1982 und 1983 trat er mit Vorträgen zu Themen, wie „Bergarbeiter, Bergherren und Bergbeamte in Sachsen“ sowie „Hammerschmiede, Hammermeister und Hammerherren im Erzgebirge“ auf. 1983 rief er ein eigenes Publikationsorgan für die AG Genealogie Leipzig ins Leben und war bis 1986 Redakteur der Hefte „Genealogie als historische Soziologie“. So trug er zur Verbreitung der Ergebnisse wissenschaftlichen Arbeitens zahlreicher Genealogen Mitteldeutschlands bei. Dabei ging es ihm auch um das breit angelegte Spektrum an historischen Hilfswissenschaften, die der Genealoge nutzt, um den Alltag seiner Vorfahren zu erschließen.

1989 übernahm Wolfgang Lorenz die Leitung der AG Genealogie in Leipzig und führte sie über die schwierige Zeit der Wende bis 1990. Bis 1994 lag der Schwerpunkt seiner genealogischen Tätigkeit dann auf der Vermittlung des genealogischen Wissens. Von 1990 bis 1994 war er Präsidialmitglied der Akademie für Genealogie, Heraldik und verwandte Wissenschaften e. V., die nach Abwicklung aller historischen Hilfswissenschaften an den ostdeutschen Universitäten mit Seminaren und Lehrgängen sowie Vorträgen versuchte, Grundkenntnisse und Handwerkszeug dem historischen Laien, aber auch dem angehenden Historiker zu vermitteln. Auch die von den mitteldeutschen genealogischen Vereinen ins Leben gerufene Kolloquia-Reihe zur Sächsischen Genealogie war geprägt von seinen Aktivitäten. Erst 2010 zum 7. Kolloquium trat er mit einem Vortrag zum Thema „Irrtümer in der genealogischen Adelsliteratur und deren Aufklärung durch Quellenarbeit“ auf und vermittelte gekonnt seine Einsichten.

Nach 1990 begann eine vierte erfolgreiche Etappe im genealogischen Lebenslauf des Wolfgang Lorenz. 1991 begründete er den Adam-Ries-Bund mit und wurde stellvertretender Vorsitzender. Mit dem Wegzug aus Leipzig 1992 verlegte sich der Schwerpunkt des genealogischen Forschens wieder ins Erzgebirge und mit der Übernahme der Schriftleitung der Vereinszeitschrift „Familie und Geschichte“ prägte er von Nr. 1 bis Nr. 72 diese genealogische  Zeitschrift über 18 Jahre maßgeblich mit. Gleichzeitig erarbeitete er mit Georg Gehler das Kompendium eines Nachfahrenwerkes, das Neue Adam-Ries-Nachfahrenbuch mit über 20.000 Nachfahren weltweit. Unzählige erzgebirgische Genealogien, Quelleneditionen bzw. Gerichtsbuchabschriften flossen aus seiner Feder- im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek sind mittlerweile 26 genealogische Titel mit über 2.800 Seiten verzeichnet. Für seine Leistungen wurde er 2006 und 2008 mit den Ehrenmitgliedschaften in der Leipziger Genealogischen Gesellschaft e. V. und dem Adam-Ries-Bund e. V. geehrt.

Martina Wermes
Vorsitzende der Leipziger Genealogischen Gesellschaft e. V.

(Geehrt als „Verdienter Genealoge“ auf Vorschlag der Leipziger Genealogischen Gesellschaft e. V)

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